Wir starten Mittwoch Abend kurz nach 23.00 Uhr, dann geht es zuerst eine gute Stunde über die Landstraße, ehe wir die Autobahn erreichen. Axel fährt, wir unterhalten uns lebhaft und laut, ich merke schon nach kurzer Zeit, wie mein Hals anfängt zu kratzen. Wir müssen das Gebrüll des Motors und das Rollen der Reifen überschreien. Es geht um Räder Boote und den ganzen Rest der Welt. In Walsleben auf der Autobahn dann eine kurze Pause mit Eis und der lange Kanten auf der Autobahn geht weiter. Die Musik endet und A schiebt eine Hörspielkasette rein. Irgendeine wilde Story im Weltraum mit wüsten Abenteuern und fremden Mächten. Ich merke, wie ich der Story und auch Axel nicht mehr folgen kann und bi...
...ich schlafe nicht durch, sondern wache immer wieder auf, sehe die absolut leere Autobahn, kann aber nicht wirklich wach bleiben. Dann geht es irgendwann auf die 404, diese berühmt berüchtigte Landstraße zwischen der A24 und Kiel, die nach und nach zu einer Autobahn ausgebaut wird. Clemens erzählte mir einmal, daß dies die Landstraße mit den meisten Unfällen in der BRD war. Die Wachphasen werden länger und so erlebe ich, wie wir nach Kiel einlaufen. Wir holen unseren reparierten Spi ab und rollen weiter nach Eckernförde. Im Verein Totenstille, wir rollen auf den Parkplatz und legen uns in die Schlafsäcke.
Donnerstag. Am nächsten Morgen erwachen wir nicht sehr früh, bleiben noch etwas liegen und als die Sonne richtig aufs Auto brät, stehen wir auf. Einige Arbeit wartet auf uns. Wir wollen das Boot so umrüsten, daß wir den Mast einfach umtrimmen können, die alte Klappmechanik wollen wir einsparen.
Außer uns sind noch einige andere 505er da, aber auch sie schrauben erstmal nur, keiner nutzt das absolut herrliche Wetter. Die Sonne scheint, keine Wolke am Himmel und dazu 5, vielleicht auch 6 Bft aus östlichen Richtungen, also von der See nach Eckernförde.
Gegen Mittag legen die ersten los. Schon direkt nach dem Ablegen beginnt der Flug und wird nur kurz zu den Wenden unterbrochen. Annika kommt und wir sind auch fertig und gehen aufs Wasser.
Auch bei uns geht es gleich richtig los. Mit dem sehr flach getrimmten DAN-Großsegel gleich an die Kreuz. Der Wind drückt ordentlich.
Freitag Heute war alles noch einen Zahn schärfer, die Sonne schien noch immer, aber der Wind hatte um ca. eine Windstarke zugenommen, wehte also mit 5, 6 vielleicht 7 bft. Beim Rausfahren kam uns ein U-boot entgegen. Fifen waren nur wenige auf dem Wasser. Heute hatten wir wieder das alte Tw 87 Groß oben, wir wußten, daß es etwas mehr geben würde und wollten das DAN schonen. Auf der Kreuz lief es schon sehr gut, der Bootsspeed überzeugte, weiter draußen trafen wir einige 420er und fuhren mit ihnen mit, waren aber nur wenig schneller.
Das änderte sich aber schlagartig, nachdem wir die Tonne gerundet hatten und es mit achterlichem Wind weitergeht. Spi ziehen war eine sehr wackelige Angelegenheit, aber nacdem er oben war, fängt es an zu fliegen. Welle runtersurfen, nach hinten gehen, in die nächste Welle hineinbohren und dann wieder runter. Wir kommen sehr gut zurecht und genießen es, wie das Wasser um uns herum spritzt und zischt. Wenige Halsen und Minuten später, die 420er hatten wir schon weit hinter uns gelassen, war die Förde leider schon zu Ende. Also Spi runter, diesmal nicht umgekippt und wieder raus Richtung Ostsee kreuzen.
Weiter draußen kommen uns zwei fifen unter Spi entgegen, aber ich hatte noch keine Lust umzudrehen und so geht es weiter, weiter raus auf die Ostsee. Die Wellen werden allmählich größer und auch der Wind nimmt etwas zu. Nicht immer gelingt es mir die Wellen auszusteuern und so fallen wir manchmal einfach von oben herab. Dann wieder brachen sie, während wir gerade auf dem Kamm waren und füllten das Schiff mit großen Mengen Wasser. Oder der Wind nahm so zu, daß er uns einfach auf die Seite drückte und wir nach hinten absackten uns füllten und erst dann wieder hochkamen.
Und dann kam das, worauf ich eigentlich schon lange gewartet hatte,eine Welle spülte Axel mit solch einer Macht die Füße weg, daß er sich nicht mehr halten konnte, auf mich fiel und uns ins Boot drückte, so daß wir auch gleich kenterten. Das eigenartige, wir blieben ruhig, auch während das Boot durchkenterte. Die Wellen hatten inzwischen eine Höhe von 1,5 vielleicht auch zwei oder mehr Metern und rollten gewaltig von der offenen See herein. Und wir waren auch soweit draußen, wie noch niemals vorher...
Aber wahrscheinlich waren wir schon oft genug zusammen gekentert und wußten was zu tun war. Das Schiff kam dann auch ziemlich leicht wieder hoch, wir stiegen ein und fuhren weiter. Aber statt jetzt einfach zurück zu fahren, ging es noch weiter. Wir wollten noch bis zu dieser Boje da draußen, unbedingt. Flugphase. Der Wind wehte mit unverminderter Stärke, legte sogar immer wieder etwas zu. Teilweise wehte er so stark, daß ich das Großsegel so weit rauslassen mußte, daß es komplett killte. Aber wir schossen weiter mit unverindertem Speed über die Wellen.
Die Boje ist erreicht und wir gehen zuerst auf Halbwindkurs, das Schiff beschleunigt brutal und wirft sich nach vorne. Fullspeed geht es die Wellen rauf und runter, auf den Wellenkämmen scheinen wir zu springen. Eine Halse später ziehen wir den Spi und, was eigentlich kaum noch geht, wir werden nochmal etwas schneller. Rauf auf die Wellen, abgesurft und von hinten in die nächste Welle hineingebohrt. Eigentlich ist das ganze unbeschreiblich, so schnell waren wir noch nie, dabei ist das Schiff aber auch sehr unruhig, irgendwas machen wir noch falsch...
Einige male schmeißen wir das Schiff auch fast um, eigentlich liegt es auch schon. Auf dem Kamm der Welle haben wir so etwas wie einen Spinout, der Druck am Ruder reißt ruckartig ab und wir drehen zügig in den Wind, dabei nimmt natürlich die Krängung extrem zu. Normalerweise denkt man jetzt müßten wir umkippen, aber irgendwie bin ich mir sicher, daß die Fife wieder hochkommt und bleibe sitzen, lehne mich nur etwas nach hinten und Axel bleibt im Trapez, versucht sich noch etwas weiter abzulassen.
Das Schiff sackt über das Heck weg und kommt dann auch langsam wieder hoch. Von außen muß das schon eigenartig ausehen, denn der Bug schießt dabei in die Höhe und wir scheinen nach hinten abzusaufen...
Aber wie gesagt, daß Schiff füllt sich komplett, richtet sich auf dabei, wir ziehen die Segel wieder dicht und weiter gehts. Die Badewanne leert sich schnell und wir ballern weiter. Bis zum nächsten mal. Denn irgendwie kriegen wir das nicht hin und legen uns auf diese Art noch drei, vier mal auf dem Weg nach Eckernförde.
Der letze unsichere Moment kommt beim Einpacken, es wird nochmal eine ziemliche Eierei, denn der Niederholer des Spi ist doch ziemlich kurz und so kann ich den Druck nicht aus dem Spi lassen, hocke im Boot, versuche irgendwie mit den Beinen zu steuern und gleichzeitig den Spi zu bergen, der Druck ist immer noch riesig und wir eiern ganz schön durch die Gegend. Ein Wunder, daß wir nicht umfallen.
Wieder an der Kreuz denken wir, wir stehen,obwohl wir hier noch ziemlich schnell sind. Zwei Contender kämpfen gerade mit den Elementen, aber wirklich helfen können wir nicht. Wir schicken das erste Mootorboot zu ihnen und der zieht sie dann zum Hafen.
Zurück an Land merke ich erst, wie undicht mein Trockenanzug wirklich ist - alles ist komplett naß, nur die innere Schicht Fließ ist noch etwas trockener. aber ich sehe dann auch, daß die Beschichtung sich im Schulterbereich komplett auflöst, da helfen also auch keine neuen Manschetten. Und er hat nach 8 Jahren nun ausgedient.
Nach diesen gut 2 1/2 Stunden haben wir auch erstmal genug und ziehen uns zufrieden wieder um.
Am Abend will ich mit Ani noch eine Runde drehen, aber der Wind bläst mit unverminderter Stärke, vielleicht ist es sogar noch etwas mehr und da wir bei weitem nicht so gut eingespielt sind und auch fast niemand mehr draußen ist, beschließen wir, das zu verschieben. Statt dessen fahren wir mit Axel, er will noch etwas surfen gehen, ans andere Ufer der Bucht.
Hier ist der Wind auflandig und die brechenden Wellen wühlen den ganzen Strand um. Axel baut sein Zeug auf und dann versucht er zu fahren. Aber leider bleibt es nur ein Versuch, die Wellen sind wesentlich höher als alles, was er bisher gefahren war und so kämpft er 15, 20 vielleicht 25 endlos scheinende Minuten, ehe er aufgeben muß. Er surft noch etwas in Wellenreitermanier und dann bauen wir wieder ab. Es ist schon empfindlich kalt geworden und die nächste kalte Nacht kündigt sich an.
Jetzt alles klar? Dann zurück zur Regatta.